Oury Jalloh – warum starb der Mann aus Sierra Leone heute vor 20 Jahren im Polizeigewahrsam?
Tod von Jean-Marie Le Pen – wie hat der Rechtsextremist die französische Politik geprägt?
Facebook und Instagram – was bedeutet der Richtungswechsel von Gründer Mark Zuckerberg?
1. Keine Gewissheit
Todesopfer Jalloh: Nur ein Geständnis könnte die Mordtheorie noch bestätigen
Jens Schlueter / ddp
Vor genau 20 Jahren starb Oury Jalloh, ein geduldeter Flüchtling aus Sierra Leone, in einer Gefängniszelle in Dessau-Roßlau. Am 7. Januar 2005 verbrannte er im Polizeigewahrsam.
Wieso und warum es dazu kam, damit haben sich so ziemlich alle möglichen gerichtlichen Instanzen beschäftigt. Mehrere Gerichte halten es für die wahrscheinlichste Variante, dass sich Oury Jalloh an Händen und Füßen gefesselt mit einem Feuerzeug selbst anzündete. Für Anwälte der Familie Jalloh gilt das als ausgeschlossen. Sie gehen von einem Tötungsdelikt aus, das nur Polizeibeamte begangen haben können. Für sie und ihre Unterstützerinnen und Unterstützer ist Jalloh ein Opfer von Polizeigewalt. Heute Abend wird es wohl wieder Mahnwachen geben, unter anderem in Dessau-Roßlau.
Mein Kollege Steffen Winter (S+)
hat in der Vergangenheit immer wieder über den Fall Oury Jalloh berichtet. Er hat die Rechtsverstöße der Beamten aufgezählt und alle Ungereimtheiten aufgedröselt. Dennoch hält er sich mit Bewertungen zurück, es könne für vieles auch »einfache Erklärungen« geben. Denn das Grundproblem bleibt seit 20 Jahren dasselbe: Die einzigen Zeugen sind Polizisten. Sollte es einen Mord gegeben haben, müssten also »ehemalige Polizeibeamte auspacken und sich selbst oder Kollegen beschuldigen«, sagt Steffen. »Sehr wahrscheinlich ist das nicht.«
FN-Parteigründer Jean-Marie Le Pen 2009: Seine Leitmotive waren Radikalität und Provokation
Eric Gaillard / REUTERS
Der französische Rechtsextremist Jean-Marie Le Pen ist im Alter von 96 Jahren gestorben. Schon Anfang Juli war er als nicht prozessfähig eingestuft worden; seit April 2024 stand er unter einer Art Vormundschaft.
Le Pen hatte den rechtsextremen Front National mitbegründet. 2002 schaffte er es überraschend in die Stichwahl um die französische Präsidentschaft. Der Konservative Jacques Chirac, gegen den er antrat, gewann am Ende haushoch, weil viele Anhänger der anderen Parteien trotz politischer Differenzen für ihn stimmten. »Für Jean-Marie Le Pen war es der Triumph seines Lebens, für Frankreich ein Vorbote der Normalisierung des Rechtspopulismus in den folgenden zwei Jahrzehnten«,
schreibt meine Kollegin Britta Sandberg (S+).
Seine Tochter Marine Le Pen trat in die politischen Fußstapfen ihres Vaters, brach aber 2011 mit ihm, nannte die Partei in »Rassemblement National« um und trug die rechtsradikale Ideologie in abgeschwächter Form in die Mitte der Gesellschaft.
Bei den nächsten Präsidentschaftswahlen hat Marine Le Pen so gute Chancen wie noch nie, in den Élysée-Palast einzuziehen. Doch ihr Vater sei darauf nicht stolz gewesen, schreibt Britta. »Er hat ihr den Verrat nie verziehen.«
Nun hat Zuckerberg aber ziemlich überraschend einen grundsätzlichen Richtungswechsel bei Facebook und Instagram angekündigt, zunächst für die USA. In einer Videobotschaft sitzt er mit Goldkette und schwarzem T-Shirt vor einer holzvertäfelten Wand und erklärt, Faktenchecks künftig unbezahlten Freiwilligen zu überlassen – den Nutzerinnen und Nutzern selbst. Vorbild ist offensichtlich X, das dessen Besitzer und Trump-Vertrauter Elon Musk nach seinem Geschmack umgebaut hat. Die Neuerungen sollen zunächst in den USA umgesetzt werden.
Zuckerberg wirft der Biden-Regierung Zensur vor, Trump preist er als letztes Bollwerk der freien Rede in der Welt. Dabei war er es selbst, der sich 2016 nach dem ersten Wahlsieg von Donald Trump zum US-Präsidenten darum bemühte, Fehlinformationen und Hetze auf seinen Plattformen einzuschränken. Nun wolle er seinen Konzern zu den Wurzeln zurückführen »und freie Meinungsäußerung wiederherstellen«.
Mein Kollege Patrick Beuth
findet die Art und Weise, wie der Richtungswechsel verkauft wird, »atemberaubend«: »Zuckerbergs frisch eingesetzter Kommunikationschef Joel Kaplan – ein strammer Republikaner – beklagt ›politischen Druck‹, der zur heutigen Moderationspraxis von Inhalten auf Facebook und Instagram geführt habe«, sagt Patrick. »Und jetzt sollen die Menschen glauben, dass die Neuausrichtung überhaupt nichts mit politischem Druck zu tun hat?« Er glaubt nicht an diese Erzählung.
Kickl verspricht »neue Ära« für Österreich und will mit ÖVP regieren: Monatelang wollte niemand mit ihm verhandeln. Jetzt soll der völkische FPÖ-Chef Kickl in Österreich eine neue Regierung bilden, mit der bisherigen Kanzlerpartei ÖVP. Sollten die Konservativen sich verweigern,
droht er mit Neuwahlen.
Polizei stoppt Habeck-Werbeprojektion auf Siegestor in München: Die Grünen wollen Kanzlerkandidat Habeck auch mit Guerillamarketing bewerben und ihn an Denkmäler projizieren. In München endete die Aktion nun mit einem Polizeieinsatz –
und viel Wut bei der CSU.
Ehepaar gesteht, zwei Ukrainerinnen getötet zu haben – wegen eines Babys: Weil sie das Baby der jüngeren Frau als ihr eigenes ausgeben wollten, soll ein Ehepaar aus Baden-Württemberg eine aus der Ukraine geflüchtete 27-Jährige und deren Mutter ermordet haben. Der Prozess hat nun
mit einem Geständnis begonnen.
Meine Lieblingsgeschichte heute: Tipps für die Urlaubsbuchung 2025
Und, tschüss: Widmen Sie sich in diesen oft tristen Januartagen ruhig Ihren Urlaubsplänen (Symbolbild)
Smile / Getty Images
Ich habe Ende Januar eine Woche frei – und keine Ahnung, was ich in der Zeit tun werde. Zu Hause abhängen und tagsüber ins Kino? In Schleswig-Holstein im rauen Wind spazieren gehen? Oder doch lieber nach Fuerteventura, um ein paar Sonnenstrahlen im Gesicht zu spüren? Wenn Sie Ihren Jahresurlaub nicht ganz so planlos wie ich angehen möchten, dann empfehle ich Ihnen diesen Text (S+)
: Mein Kollege Philipp Laage erklärt, wieso Januar ein guter Monat ist, um Urlaube zu planen – egal ob Sie eher Typ Kreuzfahrt oder Typ Roadtrip sind. Und falls Sie den ultimativen Geheimtipp für Januarurlaube haben (abgesehen von Skifahren), melden Sie sich gern.
Das Ende von Mr. Nice Guy:
Justin Trudeau war in kürzester Zeit zum politischen Superstar aufgestiegen. Sein Rücktritt zeigt: Charisma und ein modernes Image allein reichen nicht aus, um ein Land durch Pandemie und Wirtschaftskrisen zu führen (S+).
»Herr Mischke hätte sich äußern sollen«: Erst hielt die ARD zu ihm und sich zurück, am Wochenende machte sie eine Kehrtwende: Nach lautstarker Kritik wird Thilo Mischke nicht »ttt«-Moderator. Medienpsychologin Maren Urner sagt, was in der Debatte
falsch lief (S+).
Warum die halbe Welt plötzlich nach Grönland schaut: Donald Trump will Grönland »kontrollieren«, die Einheimischen sprechen von Unabhängigkeit – und Dänemark kämpft mit seinem Erbe als Kolonialmacht.
Was ist da los? (S+)
Was heute weniger wichtig ist
Olaf Scholz und Angela Merkel (im Oktober 2021 in Berlin)
Bernd Von Jutrczenka / dpa
Quergelesen: Bundeskanzler Olaf Scholz, 66, ist als fleißiger Leser bekannt. Aber trotz Weihnachtspause habe er die 736 Seiten langen Memoiren seiner Vorgängerin Angela Merkel noch nicht gelesen, sagte der SPD-Politiker dem »Stern«: »Frau Merkel hat mir ein Exemplar geschickt, mit sehr freundlichen Grüßen. Bislang habe ich nur etwas drin gestöbert, aber ich werde das Buch bestimmt lesen.« Er selbst sehe die Zeit noch nicht gekommen, die eigenen Memoiren zu schreiben.
»Im Augenblick arbeite ich intensiv dafür, mir mit dem Memoirenschreiben noch Zeit lassen zu können.«
Wenn Sie älter als 40 sind und nicht ständig auf Instagram und anderenInternetplattformen herumhängen, dann haben Sie womöglich noch nichts von Berq gehört. Der Sänger ist gerade mal 20, landete aber kürzlich mit seinem gleichnamigen Album auf Platz zwei der deutschen Charts. Das könnten Sie sich heute Abend anhören. Die Lieder machen nicht unbedingt die beste Laune, gehen aber ans Herz. Denn in seinen Texten geht es meist um Liebeskummer. Allerdings klingt er dabei nicht kitschig, sondern authentisch, irgendwie real (engl.).«Er fängt den Weltschmerz der Generation Z ein«,
schreibt mein Kollege Wyn Matthiesen (S+). Und fügt hinzu: »Er ist anders und eingängig zugleich – und damit ein Geschenk für den deutschen Pop.«
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