Heute geht es um Machtkämpfe auf dem AfD-Parteitag. Um die Chancen der deutschen Mannschaft im EM-Achtelfinale. Und um die heiklen Abschiebepläne der Bundesregierung.
Zurück im Hexenkessel
Die AfD hat schon einmal einen Parteitag in der Essener Grugahalle abgehalten. Er ist unter Funktionären bis heute legendär. Damals, 2015, drängten sich 3500 Mitglieder in der Halle, sie glich an dem heißen Julitag einem Hexenkessel. Die AfD schasste ihren Parteivorsitzenden Bernd Lucke.
AfD-Chefs Weidel, Chrupalla
Kay Nietfeld / dpa
Heute wird wegen der massiven Gegenproteste die ganze Stadt im Ausnahmezustand sein. Doch dass es in der Halle wieder so dramatisch wird wie damals, ist eher unwahrscheinlich. Zwar stand in der letzten Woche die Möglichkeit im Raum, die AfD könnte eine Einerspitze mit Alice Weidel installieren und Co-Chef Tino Chrupalla absägen. Danach sieht es mittlerweile aber nicht mehr aus. Die beiden erklärten, sie wollten die AfD weiter gemeinsam führen. Auch Rechtsaußen Björn Höcke hat zu Protokoll gegeben, dass die Zeit für die Einerspitze noch nicht reif sei.
Gerade vor den Landtagswahlen im Osten wäre es für die AfD auch strategisch unklug, ihren sächsischen Frontmann Chrupalla zu stürzen. Dennoch dürfte sich der Unmut in der AfD auf die ein oder andere Art Bahn brechen. Die AfD hat einen vermasselten Europawahlkampf hinter sich, was einen Teil der Delegierten auch den Vorsitzenden ankreidet. Andere sind sauer darüber, dass Weidel und Chrupalla den Spitzenkandidaten Maximilian Krah wegen diverser Skandale schließlich kaltstellten. Ein gutes Ergebnis werden die beiden wohl nicht einfahren.
Ich gebe zu: Ich habe diese Woche ab und zu das Lied »Erfolg ist kein Glück« von Kontra K gehört – den Lieblingssong der deutschen Nationalmannschaft. Die Spieler hören den Rap-Track gerne zum Aufwärmen, um sich zu motivieren. Die »Blut, Schweiß und Tränen«-Rhetorik darin ist natürlich ziemlich dick aufgetragen, die Streicher ein bisschen kitschig. Aber wer kann es der Elf verdenken? An die Nationalmannschaft hat vor dem Turnier kaum jemand geglaubt, für die Deutschen ist kein Sieg mehr selbstverständlich. Da hilft nur harte Arbeit, anstrengen, dranbleiben. Was Kontra K rappt, hat sich die Mannschaft offenbar zum Motto gemacht.
Die Nationalmannschaft beim Abschlusstraining vor dem Achtelfinale
Federico Gambarini / dpa
Nach zwei Siegen und einem Unentschieden sind die Hoffnungen gewachsen, die Erwartungen auch. Wie also stehen die Chancen für die Nationalmannschaft im EM-Achtelfinale gegen Dänemark heute Abend? »Die Deutschen haben in der Vorrunde nicht komplett überzeugt, vor allem nicht gegen die Schweiz«, sagt mein Kollege und Fußballexperte Jörn Meyn. Dennoch seien die Werte des Teams durchaus beachtlich: Keine Elf habe mehr Ballbesitz gehabt, keine eine höhere Passgenauigkeit, keine habe öfter aufs Tor geschossen. »Dänemark dürfte ein ähnlich kantiger Gegner werden wie die Schweiz. Aber wenn Toni Kroos ins Spiel findet, wird sich Deutschland durchsetzen«, sagt Jörn.
Bereits vergangenen Herbst kündigte Olaf Scholz an, man müsse »endlich im großen Stil« abschieben. Nach der tödlichen Messerattacke von Mannheim legte er nach: Straftäter gehörten abgeschoben, auch wenn sie aus Syrien oder Afghanistan stammten.
Abschiebung vom Hamburger Flughafen aus
ABB / picture alliance
Hinter den Kulissen arbeitet die Regierung nun mit Hochdruck daran, das möglich zu machen. Nach SPIEGEL-Informationen wurden zuletzt Angaben zur Zahl ausreisepflichtiger Straftäter aus Syrien und Afghanistan zusammengetragen. Insgesamt geht es um etwas mehr als 100 Fälle. Das mag nicht viel klingen. Doch kaum ein Bürger versteht, warum ausländische Straftäter im Land bleiben dürfen. Will Scholz hier Vertrauen zurückgewinnen, muss er liefern.
Mein Kollege Rasmus Buchsteiner hält es trotzdem für »extrem heikel«, wieder nach Afghanistan und Syrien abzuschieben. In Afghanistan regieren die Taliban, in Syrien herrscht Krieg. Rasmus' Fazit: »Um zu Hause ein Signal der Handlungsfähigkeit zu geben, wird sich Olaf Scholz entweder auf schmutzige Deals mit Nachbarländern einlassen müssen – oder auf Gespräche mit dem Assad-Regime und den Taliban in Kabul. Beide Optionen sind keine guten Optionen.«
… droht Emmanuel Macron zu werden. Der französische Präsident gilt als risikofreudig. Doch indem er nach der verlorenen Europawahl das Parlament aufgelöst und Neuwahlen angesetzt hat, ist Macron ein gefährliches Wagnis eingegangen. Er hat Frankreich in eine politische Krise gestürzt, am Ende könnte er mit seiner einsamen Entscheidung ganz Europa schweren Schaden zufügen.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron
Ludovic Marin / AFP
Das Parlament wird in zwei Wahlgängen gewählt, die erste Runde am morgigen Sonntag, die Stichwahlen eine Woche später. Zu befürchten ist, dass das Worst-Case-Szenario eintritt. »Dass ausgerechnet der überzeugte Europäer Macron den Rechtspopulisten den Weg in Regierungsämter ebnen könnte«, wie meine Kollegin Britta Sandberg in ihrem sehr lesenswerten Text schreibt.
Zwar würde, wenn der Rassemblement National an die Regierung kommt und künftig den Premierminister stellt, Macron erst mal Präsident bleiben. Doch die Rechten würden versuchen, diese Zeit für sich zu nutzen. Ihr Ziel ist die Machteroberung auf allen Ebenen. Frontfrau Marine Le Pen will 2027 in den Élysée-Palast gewählt werden.
Alle 28 Angeklagten im »Panama Papers«-Finanzskandal freigesprochen: Der Finanzskandal der »Panama Papers« war einer der größten der Geschichte. Nun wurden in Panama der Deutsche Jürgen Mossack und 27 ehemalige Angestellte seiner Kanzlei freigesprochen –
aus Mangel an Beweisen, wie die Richterin sagt.
Finanzminister Lindner stellt 49-Euro-Ticket infrage: Subvention oder Investition: Laut Christian Lindner kann die Deutsche Bahn nur dann modernisiert werden, wenn das Deutschlandticket teurer wird.
Abschaffen will er das Angebot aber nicht.
FDP will alle Grenzkontrollen um ein Jahr verlängern: An allen neun deutschen Außengrenzen werden während der Fußball-EM Kontrollen durchgeführt. Die FDP möchte diese laut einem Medienbericht auch im Anschluss noch beibehalten –
um illegale Migration zu bekämpfen.
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[M] Lea Rossa / DER SPIEGEL; Getty Images (5)
Sie kochen, backen, gärtnern – vor Millionen: »Tradwives« zelebrieren ihr Hausfrauenleben auf Social Media. Die jungen Frauen romantisieren das Muttersein und den Mann als Oberhaupt der Familie. Kreischende Kinder oder dreckige Küchen gibt es bei ihnen nicht. Die Influencerin Nara Smith hat nun sogar eine eigene Sonnenmilch gemixt, mit Butter, Öl und Bienenwachs. Was steckt hinter dem Phänomen?
Meine Kollegin Noelle Konate hat sich das näher angesehen (S+).
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Ihre Maria Fiedler, stellvertretende Leiterin des SPIEGEL-Hauptstadtbüros
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